Es kann nicht sein was nicht sein darf – 24 h DM in der Steiermark

Ich laufe über die Brücke an den Toiletten vorbei zu unserem Pavillon. Zielstrebig laufe ich zum Stuhl, den ich mit den Worten „damit ich ihn nicht brauche nehmen wir ihn mit“ eingepackt hatte, setze mich, vergrabe mein Gesicht im Handtuch um allein zu sein. Mein Kopf will es noch nicht wahrhaben, was der ganze Rest meines Seins längst weiß…

…..aber es kann nicht sein was nicht sein darf, also stehe ich nach einer kurzen Weile wieder auf und laufe weiter….

Vorgeschichte

„Albert ich habe am Knie einen roten Kreis, kannst du mal nachsehen?“ Albert, Nachbar und Allgemeinarzt, sieht es sich an. „Hm einen Rand hat es nicht, wir beobachten es, wenn es größer wird und heiß, dann ist es ein Erythma Migrans, dann brauchen wir ein Antibiotikum, was man 20 Tage nehmen muss, wenn es in den nächsten Tagen nicht weggeht musst du es mir erneut zeigen“.

Es kann nicht sein was nicht sein darf, also trainiere ich weiter, absolviere die letzten 2 Tage meiner 200 Kilometer Trainingswoche. Bei meiner letzten harten Einheit, einer 70 Kilometerrunde muss ich die letzten 20 Kilometer kämpfen, bewältige sie aber. Ich gebe dem Kämpfen bei der 70 Kilometer Einheit keine Bedeutung, weil ich durch die vielen Wochenkilometer natürlich müde bin. Das ist auch beabsichtigt, da ich bei dem 24 h Lauf auch größtenteils bei zunehmender Erschöpfung laufen werde. Zum ersten Mal seit ich laufe musste ich mich auf den letzten 2 Kilometern der 70er Runde übergeben. Ab Kilometer 40 war mir schlecht, nahm ab da nur noch Wasser zu mir. Florian spricht von zu vielen Kohlenhydraten, sagt dass die 60 g pro Stunde für Iron – Man Wettkämpfe gelten aber nicht für die eher langsamen Ultraläufe. Dennoch bleiben Unsicherheiten. Bei überlangen Läufen wird der Magen zu wenig durchblutet wodurch es zu Übelkeit und Übergeben kommen kann. Ich hatte gedacht ernährungsmäßig mit einem eigentlich sehr verträglichen Produkt in diesem Bereich keine Probleme zu haben….

3 Tage später zeige ich Albert wieder die rote Stelle, sie ist größer geworden und innen heiß. Er sieht es sich an, tastet und spricht von einer Borreliose, was bedeutet, dass ich 20 Tage lang ein Antibiotikum nehmen muss. „Übernächstes Wochenende sind die 24 h DM, kann ich da laufen?“. „Wenn du ansonsten fit bist und dich gut fühlst schon, Risiko besteht dann keins!“.

Das folgende Wochenende liege ich wegen starker Schwäche 3 Tage im Bett und laufe in den dann folgenden Tagen fast nicht und nur sehr langsam. Im Lauf der dann folgenden Tage fühle ich mich allmählich wieder besser, Mittwoch Abend gut, also starten wir das Abenteuer.

Wettkampf

Da sich in Deutschland pandemiebedingt kein Ausrichter fand, wurden die Veranstalter in der Steiermark, Bad Blumau gefragt, parallel zu den dort stattfindenden österreichischen und steirischen Meisterschaften die Deutschen Meisterschaften auszurichten. Um daran teilnehmen zu dürfen, muss man sich nicht qualifizieren, man muss in einem Verein aktiv sein und einen Startpass haben. Durch erreichen der WM – Norm kann man sich bei den DM für die Teilnahme bei einer Weltmeisterschaft qualifizieren. Meines Wissens liegt die Norm bei 230 Kilometer. Jedoch wurden die Weltmeisterschaften dieses Jahr pandemiebedingt abgesagt.

Am Donnerstag reisen wir an und besichtigen das Areal. Direkt hinter einer Brücke beginnt ein gesplitteter Weg neben einem Bach mit Wiese, Büschen und Bäumen. Unter dem größten Baum bauen wir unser Pavillon auf. Da es sehr heiß werden soll bleibt es da schattig kühl.

Bei der Startnummernabholung treffen wir auf Hannes Kranixfeld, den sympathischen österreichischen Ultraläufer und Organisator des Sommeralm – Marathons, an dessen letztmaliger Durchführung ich teilnehmen durfte. Nach einer größeren Verletzung hat er eine OP hinter sich, kann aber immerhin wieder ohne Krücken gehen.

Jeder Athlet und jeder Supporter muss einen negativen Test vorweisen, geimpft sein oder genesen, was genau kontrolliert wird. Jeder Kontrollierte bekommt ein Band, nur mit diesem Band darf man aufs Gelände.

Start

Am unserem Pavilion sind Ersatzkleider, verschiedene Mützen, Regenjacke, Gel und Flüssigkohlenhydrate, Salzkapseln und mein Fotoapparat deponiert. Mitgenommen habe ich eine regendichte Kappe, 2 Kappen zum Schutz vor Sonne sowie eine Hitzekappe. Zum Start habe ich eine meiner beiden Sonnenschutzkappen an, als Understatement ein altes Kandelmarathonshirt meines ersten Marathons sowie kurze Hosen und Kompressionsstrümpfe.

Von meinem 200 – Kilometerziel bin ich abgerückt, zu unsicher bin ich ob meiner Form. Deswegen will ich mich nicht unnötig unter Druck setzen. Ich will kämpfen und es nehmen wie es kommt. Parallel findet auf der Strecke seit 2 Stunden der ich glaube dritte Marathon der Veranstaltung „10 Marathons in 10 Tagen“ statt. Ich frage mich wer verrückter ist, die Marathonläufer dieser Veranstaltung oder wir 24 h Läufer, finde aber keine Antwort.

Als gefühlter Durchschnittsläufer macht es mich sehr nervös mit solchen Spitzenathleten wie Florian Reus, Stu Thoms und Marika Heinlein am Start zu stehen. Entsprechend stark aufgeregt bin ich.

Gestartet wird wegen des schon laufenden Marathons auf einem Zufahrtsweg auf die 1181 Meter lange Runde mit 2 Höhenmetern pro Runde.

Bei der Startaufstellung stelle ich mich in etwa in die Mitte des Starterfeldes. Im letzten Moment stellt sich Florian Reus neben mich. Wir begrüßen uns und plaudern kurz und sogleich geht der Start wie immer bei Ultraläufen ziemlich unspektakulär von statten. Florian zieht mit seinem Vereinskameraden davon. Die übergroße Nervosität, die Zentnerlasten auf meinen Schultern lösen sich, das Warten hat ein Ende. Ich laufe los und pendle mich rasch auf einem etwas Schnitt von etwas langsamer als 6 Minuten pro Kilometer ein.

Direkt nach dem Start geht es nach 50 Metern auf die eigentliche Strecke durch ein großes Zelt, in dem Verpflegung für die Läufer untergebracht ist. Dann weiter die Zufahrtsstraße zum Vereinsgelände neben dem Fußballplatz entlang rechts über eine Brücke. an der wunderschöne Blumen an den Geländern angebracht.

Die Straße geht weiter durch Bad Blumau vorbei an wunderschönen Höfen, Häusern und Gärten. Auf der Terrasse eines neu eröffneten Restaurants sitzen Leute auf den Stühlen und sehen uns Läufern zu. Nach dem Restaurant ist an der Straße eine Schlauchdusche angebracht. Diese wird später regen Gebrauch finden. Teilweise stehen Läufer Schlange für eine kurze kühle Dusche. Irgendwann geht es zwischen zwei Häusern nach rechts auf einen Splittweg zur gebogenen Brücke. Noch ist sie ziemlich mühelos zu überqueren, aber es ist abzusehen, dass sich das im Laufe der Zeit ändern wird. Nach der Brücke kommen Toiletten. Wir Läufer biegen direkt vor den Toiletten rechts ab und laufen neben dem Bach den Weg entlang zurück zum Start. Rechts vom Weg sind hohe Büsche und Bäume, auf der linken Seite sind nur wenige Bäume, dafür eine große Wiese, die mit unzähligen Zelten und Pavillons der Helfer und Supporter übersäht ist.

In einem anderen Pavillon sehe ich einen Reiskocher stehen. Es geht hier zu wie auf einem Rummelplatz, überall andere Gerüche, ein Gewusel und Gewimmel, überall gehen stehen und sitzen andere Menschen supporten, fiebern essen, ziehen sich um, fotografieren oder laufen, kurz es herrscht eine besondere Atmosphäre auf dem Gelände.

Aus manchen Zelten kommt Musik, ein Italiener spielt und singt mit Gitarre, von woanders kommt Deutschrock. Noch genieße ich die Musik, erfahrungsgemäß wird sie sich bei zunehmender Ermüdung für mich in störenden Lärm verwandeln. Es wird die gleiche Musik sein, nur verändert sich meine Wahrnehmung derselben.

Der Weg macht einen Schlenker nach links zur elektrischen Rundenerfassung.

Zehn Meter weiter kann man auf einem großen Bildschirm seinen Namen sehen. neben Namen und Startnummer erscheinen Rang und Position, was was bedeutet ist mir nicht ersichtlich. Nach dem Bildschirm geht es wieder nach rechts durch das große Verpflegungszelt zu einer neuen Runde. Diese ist 1181 Meter lang.

Neben dem Marathon findet parallel auch ein 6 h Lauf statt. Bei allen Wettbewerben nehme einige eher übergewichtige Läufer teil, die den jeweiligen Wettbewerb wandernd bestreiten. Sie wandern oft zu zweit, teilweise zu dritt, einmal sogar zu viert nebeneinander auf der Ideallinie, so dass wir Läufer in großen Bögen ausweichen müssen. Die Vierergruppe schnauze ich an, weil an dieser Stelle kein Durchkommen möglich ist, bei den anderen bleibe ich ruhig, bin aber etwas genervt von ihrem Verhalten.

Die älteren erfahrenen Teilnehmer wie beispielsweise die 81 jährige Lauflegende Siegrid Eichner wandern auch, aber diese wandern am Rand so dass wir uns gegenseitig nicht stören.

Bei Siegrid sieht man wie sie sich jeden Schritt erkämpfen muss, aber sie macht das mit einer Freude und Lust, die Ihresgleichen sucht. Beim Überholen rufe ich ihr zu „Siegrid du bist wirklich der Hammer!“, sie freut sich und strahlt mich an. Später sehe ich sie mit einem Teller Nudeln in der Hand laufend. Sie wird am Ende Deutsche Vizemeisterin in der Altersklasse W80 werden, weil die ebenfalls 81 jährige Edda Bauer 131 Kilometer absolvieren wird. Gerade die älteren Teilnehmer laufen relaxed ihren Stiefel. Insgesamt herrscht eine lockere kameradschaftliche Volksfestatmopshäre. Allein diese Atmosphäre mit diesen spannenden und interessanten Menschen ist es wert an diesem Wettkampf teilzunehmen.

Regelmäßig rasen die Staffelläufer erkennbar an ihren Staffelstäben in einem Mordstempo an mir vorbei und rasen im Zickzack um die Läufer und Wanderer herum. Ich laufe in meinem eigenen Rhythmus die ersten Kilometer. Der Schweiß fließt in Ströme, so trinke ich frühzeitig viel Wasser. Nach 10 Kilometern trinke ich die ersten 2 Schlücke Flüssigkohlenhydrate. Florian hatte mir geraten wenig aber regelmäßig zu trinken, mit 2 Schlücken kann ich nicht viel verkehrt machen denke ich.

Am Rathaus hinter dem Restaurant wurde inzwischen eine akustische Foltermaschine eingeschaltet: Aus einer Musikanlage werden wir mit Schlagern von Helene Fischer (Gott sei Dank nicht „Atemlos“) und anderen ähnlich singenden Interpreten gequält – Arrrgh.

Etwa alle 10 Kilometer überrundet mich Florian, wir sprechen kurz, dann rast er weiter. Für Florian ist dieser Wettkampf ein Trainingslauf unter Wettkampfbedingungen, da er Ende August bei einem 6 Tageslauf teilnehmen will. Selten habe ich einen Läufer mit so einem wunderbar leichtfüßigen Laufstil gesehen. In seiner Spitzenzeit dominierte Florian die Weltelite über Jahre hinweg, ich denke unter anderem weil er so gut wie nie verletzt war.

So etwa bei Kilometer 15 beginnt in mir leichte Übelkeit aufzusteigen. Zugleich bekomme ich Schmerzen am unteren Rücken. Also nehme ich etwas Tempo heraus und trinke nur Wasser. Weil es jetzt wirklich sehr heiß geworden ist, wechsle ich meine Mütze und ziehe meine „Hitzemütze“ auf. Diese wird in Wasser getaucht, speichert dieses und kühle den Kopf etwas. Getestet hatte ich sie in einem Hochsommer an der türkischen Riviera bei knapp 40 Grad, der Unterschied war dort immens. Aber heute macht mir die Hitze nicht wirklich viel aus.

Im Laufe der Runden nimmt die Übelkeit zu, selbst Wasser traue ich mir zeitweilig nicht zu zu trinken. Vom unteren Rücken wandern die Schmerzen in den Span meines rechten Fußes. Ich bleibe ruhig und laufe weiter. Oft löst sich ein solches „Tief“ ja nach einiger Zeit von selber auf. Natürlich ist mir bewusst, dass ich nicht ewig ohne Wasser laufen kann und auch ohne Flüssigkohlenhydrate werde ich nicht ewig durchhalten. Egal noch kann ich laufen, also laufe ich, bleibe im Jetzt und mache mir keine Gedanken über das Nachher.

Bei der Schlauchdusche im Ort passiert fast ein Zusammenstoß. Eine direkt vor mir laufende Läuferin bleibt ohne Vorwarnung im allerletzten Moment bei der Schlauchdusche abrupt stehen. Ich kann im allerletzten Moment ausweichen. der Zusammenstoß ist so gerade noch verhindert worden. Die anderen Läufer sind durch die Dusche hindurchgelaufen oder haben es durch Zeichen angezeigt, diese Läuferin nicht.

Regelmäßig überrunde ich einen Marathonläufer, der mir auch schon letztes Jahr beim Sommeralmmarathon aufgefallen war. Er walkt die Marathons in etwa 6 Stunden, trägt eine schweinchenrose Hose sowie ein Shirt in der gleichen Farbe. Dazu hat er in der rechten Hand eine Fahne. Zu Beginn des Laufs ist diese eingerollt, so ab Kilometer 30 rollt er sie aus.

Ein paar Kilometer später kann ich immerhin wieder Wasser trinken, es tut gut, zugleich wird die allgemeine Schwäche zunehmend stärker. Selbst bei meinem 70er Lala vor zwei Wochen wo ich die letzten Kilometer wirklich kämpfen musste fühlte ich mich nicht so schwach. In diesem Moment beschäftigt mich das nicht, ich laufe weiter und warte ab. An unserem Pavillon wechsle ich mein Shirt und ziehe das Finishershirt vom letzten Sommeralmmarathon an und trockne ich mein Gesicht ab. Dabei sehe ich Marika Heinlein vorbeilaufen. Sie ist seit vielen Jahren regelmäßige Spartathlonfinisherin und nimmt seit Jahren bei so gut wie allen überlangen Laufveranstaltungen teil. Mit ihren 59 Jahren hüpft sie leichtfüßig wie ein junges Mädchen die Strecke entlang, nur ihre grauen Haare verraten ihr wahres Alter.

Mit „das sieht bei dir aber noch richtig gut aus“ überrundet mich Florian mal wieder und holt mich aus meinen Gedanken. Ich berichte von meinen Problemen, er rät mir zu alkoholfreiem Bier und zieht wieder davon. Das alkoholfreie Bier bleibt „drin“, tut mir gut, dennoch breitet sich die Schwäche immer weiter in mir aus. Im Vollbesitz meiner Kräfte bin ich definitiv nicht, ich bin schwach und stark angeschlagen. Ich kann ohne Risiko laufen solange ich ich gut fühle, aber gut fühle ich mich schon lange nicht mehr, eigentlich seit Kilometer 15 nicht mehr. Belastet ein Weiterlaufen mein Herz? Bleiben dann doch Borrelien zurück? Wie langwierig wird sich der Heilungsprozess hinziehen? Wird mein Körper wieder ganz heilen?

Bei etwas Kilometer 43 laufe ich über die Brücke an den Toiletten vorbei zu unserem Pavillon. Zielstrebig laufe ich zum Stuhl, den ich mit den Worten „damit ich ihn nicht brauche nehmen wir ihn mit“ eingepackt hatte, setze mich auf ihn und vergrabe mein Gesicht im Handtuch um allein zu sein. Mein Kopf will es noch nicht wahrhaben, was der ganze Rest meines Wesens längst weiß…

…..aber es kann nicht sein was nicht sein darf, also stehe ich nach einer kurzen Weile auf und laufe weiter….

So hast du hier nichts verloren, denke ich. Andererseits vielleicht geht ja doch was….

„Im allerhöchsten Fall könntest du aus deinem Körper 140 Kilometer herauspressen verbunden mit einem enorm hohen gesundheitlichen Risiko, hör auf“. Drei Runden lang hadere ich, laufe dann wieder über die Brücke an den Toiletten vorbei zu unserem Pavillon, setze mich auf den Stuhl und höre auf.

Minuten später gehe ich einmal noch den Weg zur elektrischen Rundenerfassung und informiere den Veranstalter von meinem Rennabbruch. Der Veranstalter gratuliert mir zu meinem Entschluss dass ich der Gesundheit Vorrang gebe.

Wie angeschlagen ich wirklich bin merke ich später in unserer Unterkunft. Ich laufe die Treppe herunter zum Auto, um Sachen zu holen. Dem Weg die kurze Treppe hinauf in unser Zimmer verursacht bei mir Kreislaufprobleme. Auch am nächsten Tag kann ich bei der Rückfahrt immer nur kurze Zeiten am Steuer sitzen, weil es ist einfach zu anstrengend ist.

In den Stunden nach meinem Rennabbruch fühlte ich nichts, war innerlich vollkommen leer. Am nächsten Tag bei der Rückfahrt „sackte“ es, wurde ich unheimlich traurig und ich muss zugeben dieser Rennabbruch war für mich eine harte Nuss.

Beim Laufen fühle ich mich ungeheuer lebendig. Gerade Wettkämpfe sind ganz intensive lebendige Momente für mich, die ich nicht missen möchte. Traurigkeit und Niederlagen gehören da auch dazu, diese machen für mich ein lebendiges Leben aus. Um der Lebendigkeit willen möchte ich beides nicht missen.

Das Schreiben dieses Berichts hat mir geholfen zu verstehen und zu verarbeiten. Jetzt würde ich sagen ich hatte von Anfang an nur eine sehr geringe Chance. Hätten meine Ärzte mir abgeraten, wäre ich nicht gestartet, hätte aber dann nicht dieses geile Event erleben dürfen.

Ja, ich bin traurig, an einem Sahnetag kann ich 200 Kilometer laufen, da bin ich mir sicher. Laufen bei Hitze hatte ich trainiert da es bei uns in der Südpfalz ins den letzten Wochen an vielen tagen Temperaturen von weit mehr als 30 Grad hatte. Da wäre etwas gegangen. Aber es hat nicht sollen sein, ich war nicht im Vollbesitz meiner Kräfte. Dennoch bin ich absolut dankbar bei diesem geilen Event gewesen zu sein, teilgenommen zu haben, diese spannenden verrückten Menschen getroffen zu haben. Dass ich in der DUV – Statistik jetzt als 24 h Bestleistung 46 Kilometer stehen habe, muss ich aushalten. Bei Deutschen Meisterschaften im 24 h Lauf möchte ich definitiv noch einmal teilnehmen, starten und versuche dann bis zum Schluss dabei zu sein.

Wie es weitergeht

Die Übelkeit scheint vom Antibiotikum verursacht worden sein. Da die Borreliose bzw das Antibiotikum mich so geschwächt haben wie sie es haben, wird es einige Zeit dauern bis ich fit bin. Ich muss noch einige Tage lang das Antibiotikum nehmen und werde auch dann noch einige Wochen brauchen bis ich wirklich wieder im Vollbesitz meiner Kräfte bin.

Derzeit „lüfte“ ich läuferisch meine Füße, bin gestern und heute 6 Kilometer gelaufen und werde vorerst weiter nach Gefühl wenig und langsam laufen. Sobald ich wieder voll fit bin, wird man sehen, was geht. Wenn mich die Pandemie eines gelehrt hat, dann dass man nichts planen kann und absolut im „Hier und Jetzt“ leben muss. Bin ich Ende September fit genug um in Pilsen einen neuen Anlauf für 24 h zu nehmen? Ist das Pandemiemäßig dann möglich? Alles ist im Fluß und offen, ich rechne aber eher nicht mit einem weiteren großen Wettkampf meinerseits in diesem Jahr, aber man wird sehen.

Auch das heftige und anstrengende Training war völlig geil, mein Doppeldecker mit 30 und 60 Kilometern. Zur 70 Kilometereinheit begleitete mich eine Freundin mit Fahrrad und 11 Litern Flüssigkeit. Wir liefen bzw. fuhren eine wunderschöne Südpfalztour. Alles in allem war es das wert und ich würde es wieder so machen.

Dank

Danke an Albert („du spinnst, aber wahrscheinlich schaffst du es sogar, ich traue es dir zu“), der mir immer alle nötigen Atteste und Bescheinigungen ausstellt, mich zu jeder Tages- oder wenn nötig auch Nachtzeit untersucht und berät. Danke an Anke, die mit Neuroathletik meine Verletzungsanfälligkeit reduzierte und mir zu einem geraderen, ökonomischen Laufstil verhalf, Angelika für die liebevolle Begleitung, Benjamin fürs Reduzieren der körperlichen Dysbalancen, Monika für die besondere Freundschaft, Petra fürs Begleiten bei der 70er Einheit mit 11 Litern Flüssigkeit in der Satteltasche („Petra du spinnst mich 7,5 Stunden mit dem Fahrrad zu begleiten“, sie „Nein Cornelius du spinnst 70 Kilometer in der Hitze zu laufen“), meinem Sohn Gabriel für die Unterstützung, er erkundigte sich während des Wettkampfes stündlich per Handy nach dem Zwischenstand und fieberte mit und meiner Frau Simone dass sie mich aus Liebe immer wieder los- und ziehen lässt, weil sie weiß dass ich das brauche.

Über Cornelius Knecht

Beruflich arbeite ich mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Das Laufen hilft mir den Kopf freizukriegen und neue Energien zu tanken. Ich liebe vor allem die langen, meditativen Läufe durch die Weinberge in der Südpfalz. Als Kind spendierte mir mein Vater immer ein Eis, wenn ich ihn zum Lauftreff begleitete. So kam es, dass ich im Alter von sieben Jahren mal einen 10 km Lauf in 56 Minuten absolvierte.
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